In dem dem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte eine Klägerin einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen G, aG und B erhalten.
Die Klägerin nutzt im Alltag einen Rollstuhl – auch in der Wohnung.
Trotzdem wurde bei ihr in der 1. Instanz kein Merkzeichen H festgestellt, das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung.
Das Gericht stellte fest: Trotz der erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen war die Klägerin in der Lage, wesentliche alltägliche Verrichtungen selbstständig durchzuführen — etwa sich an- und auszuziehen, essen und trinken, ihren Alltag zu organisieren.
Entscheidend war nicht allein die Diagnose oder der Rollstuhlgebrauch, sondern der tatsächliche Hilfebedarf im Alltag hinsichtlich Häufigkeit und Intensität. Nur wenn jemand dauerhaft erhebliche Hilfe bei Grundverrichtungen benötigt, kommt das Merkzeichen H in Betracht.
Es reicht daher nicht aus, wenn man Hilfe benötigt, wenn man z.B. unterwegs ist bei Freizeitaktivitäten.
Wichtig sind Dokumentation und Nachweis: Wie oft, in welchem Umfang wird Hilfe bei den Grundverrichtungen geleistet
Es ist sinnvoll, alle Belege (ärztliche Gutachten, Pflegegutachten, Assistenznachweise, Alltagssituationen) möglichst konkret aufzubereiten.
Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 06.12.2024, Az.: L 8 SB 2779/24
Eine Schwerbehinderung muss zügig geprüft werden!
Worum ging es?
Die Klägerin wartete monatelang auf die Feststellung einer Schwerbehinderung. Das Versorgungsamt reagierte jedoch nicht. Erst durch eine Klage kam Bewegung in das Verfahren.
Wie hat das Gericht entschieden?
Behörden dürfen Anträge nicht endlos liegen lassen.
Im Zweifelsfall müssen Behörden Anträge, die sich nicht vollständig einordnen können, auch hinterfragen und sich beim Antragsteller melden und Rückfragen stellen.
Auch Personalmangel oder Überlastung rechtfertigen keine Untätigkeit.
Nach 6 Monaten ohne Bescheid kann eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG erhoben werden.
Unser Tipp:
Wenn der Antrag auf Feststellung von GdB und Merkzeichen seit Monaten unbearbeitet ist:
- Schriftlich nachhaken
- Frist setzen
- Untätigkeitsklage erheben.
Beste Grüße
Ihr Team der Kanzlei Special Needs